Pressemitteilung: Bundesinnenministerin kündigt Partizipationsgesetz an!

Berlin, 08. Februar 2023.

Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen hat in einem rechtswissenschaftlichen Symposium über die Umsetzbarkeit des von der Bundeskonferenz vorgelegten Gesetzesentwurfes diskutiert. Eine Umsetzung in der vorliegenden Form wäre laut Expert*innen mit der Verfassung vereinbar und ist damit eindeutig eine Frage des politischen Willens. In einer Dialogveranstaltung der SPD im deutschen Bundestag am Montag, den 6. Februar, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser sich nun eindeutig positioniert.

Bereits 2021 hatte die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) einen Entwurf für ein Partizipationsgesetz auf Bundesebene vorgelegt. Teilbereiche des Gesetzesentwurfs wie die Quote zugunsten von Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst wurden nun im Rahmen eines rechtswissenschaftlichen Symposiums begutachtet bzw. diskutiert.

Die Gutachten von Prof. Dr. Nora Markard (Universität Münster) und Prof. Dr. Mehrdad Payandeh (Bucerius Law School, Hamburg) kommen beide zu dem Schluss, dass eine Quote zugunsten von Menschen mit Migrationshintergrund verfassungsmäßig ist. Grundsätzlich bescheinigen sie dem Entwurf, der von Herrn Prof. Dr. Thomas Groß vorgelegt wurde, höchsten juristischen Qualitätsstandard.

Die BKMO reagiert mit ihrem Entwurf auf die langjährige Forderung von Migrant*innenorganisationen, die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe und Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund gesetzlich zu verankern. Die jetzige Ampelkoalition hat das Gesetz im aktuellen Koalitionsvertrag festgeschrieben und seit Montag stehen nun offenbar auch die Verantwortlichkeiten fest.

Galina Ortmann, Sprecherin der BKMO und Leitende des Ausschusses Bundespartizipationsgesetz der BKMO, dazu: „Wir sind sehr beruhigt, dass sich die Bundesinnenministerin auf unsere Nachfrage so klar und öffentlich positioniert hat. Nancy Faeser sieht die inhaltliche Verantwortung für einen Gesetzentwurf bei sich und unserer Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, mit der sie in enger Abstimmung vorgehen möchte. Sie sieht ihr eigenes Haus in der Federführung und hat zugesagt, dass es ein Gesetz noch in dieser Legislaturperiode geben wird.“

Michael AlliMadi, Sprecher der BKMO und Co-Leiter des Ausschusses Bundespartizipationsgesetz, ergänzt: „Wir haben nachgewiesen, dass der Gesetzentwurf der BKMO Hand und Fuß hat und möchten nun dafür sorgen, dass so viel wie möglich davon Realität wird. Das BMI darf es sich gerne leichtmachen und den vorliegenden Entwurf als Basis verwenden. Ab jetzt geht es nicht mehr um das Ob und Wann, sondern um das Wie. Es ist ein gutes Gefühl, wenn Politikerinnen sich in dieser Klarheit positionieren. Ich bin mir sicher, dass die 12 % der Wahlberechtigten in unserem Land, die eine Migrationsgeschichte haben, das genauso sehen!“

Hier finden Sie den Gesetzesentwurf und das Gutachten von Prof. Dr. Markard und Prof. Dr. Payandeh.

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26% der Menschen in Deutschland haben Migrationsgeschichte und brauchen eine Stimme: Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) ist ein Zusammenschluss von über 70 Migrant*innenorganisationen mit dem bundespolitischen Anspruch, als Ansprechpartner von Bundestag und Bundesregierung politische Impulse zu setzen und zu einer zukunftsgewandten, alle umfassenden und teilhabeorientierten Politik beizutragen. www.bundeskonferenz-mo.de

Der Vertreter*innenrat der BKMO

Michael AlliMadi, Panafrikanische Organisation | Dr. Rubén Cárdenas Carbajal, Dachverband der Migrantenorganisationen in Ostdeutschland (DaMOst) | Ehsan Djafari, Iranische Gemeinde in Deutschland | Adetoun Küppers-Adebisi, AFROTAK TV cyberNomads | Mamad Mohamad, Landesnetzwerk Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt (LAMSA) | Marianne Ballé Moudoumbou, Pan African Women’s Empowerment and Liberation Organisation – PAWLO Masoso Germany | Galina Ortmann, Bundesverband interkultureller Frauen (BIFeV) | Nursemin Sönmez, neue deutsche organisationen | Susanna Steinbach, Türkische Gemeinde in Deutschland | Anastasia Sudzilovskaya, Bundesverband russischsprachiger Eltern (BVRE) | Karen Taylor, Each One Teach One (EOTO)

Pressekontakt:

info@bk-mo.de

0151 74 24 86 64

Die Pressemitteilung als PDF.

Pressemitteilung: Mehr Fortschritt wagen heißt auch mehr Antidiskriminierung wagen!

Berlin, 25.01.23.

Über 100 Organisationen, darunter die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO), haben heute gemeinsam als zivilgesellschaftliches Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“ eine Stellungnahme und umfassende Ergänzungsliste mit 11 zentralen Forderungen vorgestellt und werden beides an die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung übergeben.

Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) angekündigt. Bisher liegt aber nicht einmal ein Eckpunktepapier seitens des federführenden Bundesministeriums der Justiz vor. Eine Reform ist aber längst überfällig.

In 16 Jahren Praxiserfahrung sind die Schwächen des AGGs weitgehend bekannt: Das Gesetz schützt nicht alle Betroffene von Diskriminierung. Die Erweiterung der Diskriminierungskategorien beispielsweise um Sozialer Status, Familiäre Fürsorgeplichten, Körpergewicht und Sprache ist daher dringend notwendig.

Um dem Ziel eines fortschrittlichen Antidiskriminierungsrechts näher zu kommen und die Reformbestrebungen der Bundesregierung kritisch zu begleiten, hat der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) eine umfassende Ergänzungsliste zum AGG sowie eine von 100 Organisationen unterzeichnete Stellungnahme koordiniert. Hieraus hat sich nun das Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“ gegründet, das die langjährige Expertise im Diskriminierungsschutz von einem breiten thematischen sowie communitybasierten Spektrum an zivilgesellschaftlichen Organisationen bündelt.

Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen unterstützt ausdrücklich die Forderungen des advd. Susanna Steinbach, Vertreterin der BKMO, dazu: „Jede einzelne Person kann potentiell von Diskriminierung betroffen sein. Das AGG in seiner jetzigen Form ist allerdings unzureichend, um ausreichend Schutz gegen Diskriminierung zu gewährleisten. Es muss dringend überarbeitet und beispielsweise auf alle Lebensbereiche erweitert werden. Wenn eine Person in der Schule oder von der Polizei diskriminierend behandelt wird, hat sie bislang nichts in der Hand. Schutzlücken müssen daher geschlossen werden, Betroffenen ein starker Rechtsschutz zur Verfügung stehen.“

Hier finden Sie die Stellungnahme und die Ergänzungsliste.

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26% der Menschen in Deutschland haben Migrationsgeschichte und brauchen eine Stimme: Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) ist ein Zusammenschluss von über 70 Migrant*innenorganisationen mit dem bundespolitischen Anspruch, als Ansprechpartner von Bundestag und Bundesregierung politische Impulse zu setzen und zu einer zukunftsgewandten, alle umfassenden und teilhabeorientierten Politik beizutragen. www.bundeskonferenz-mo.de

Der Vertreter*innenrat der BKMO

Michael AlliMadi, Panafrikanische Organisation | Dr. Rubén Cárdenas Carbajal, Dachverband der Migrantenorganisationen in Ostdeutschland (DaMOst) | Ehsan Djafari, Iranische Gemeinde in Deutschland | Adetoun Küppers-Adebisi, AFROTAK TV cyberNomads | Mamad Mohamad, Landesnetzwerk Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt (LAMSA) | Marianne Ballé Moudoumbou, Pan African Women’s Empowerment and Liberation Organisation – PAWLO Masoso Germany | Galina Ortmann, Bundesverband interkultureller Frauen (BIFeV) | Nursemin Sönmez, neue deutsche organisationen | Susanna Steinbach, Türkische Gemeinde in Deutschland | Anastasia Sudzilovskaya, Bundesverband russischsprachiger Eltern (BVRE) | Karen Taylor, Each One Teach One (EOTO)

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Kommentar des Vertreter*innenrates der Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen zur geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat angekündigt, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform des Staatsangehörigkeitsrechts voranzutreiben. Menschen mit ausländischem Pass, die gewisse Voraussetzungen erfüllen, soll es so ermöglicht werden, bereits nach fünf (statt bisher acht) und bei besonderer „Integrationsleistung“ bereits nach drei Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Gleichzeitig soll Mehrstaatigkeit möglich sein. Die Bundeskonferenz begrüßt ausdrücklich diese geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts – bedeutet sie doch vermehrt die Chance der gesellschaftlichen und politischen Partizipation eines immer größer werdenden Anteils der Bevölkerung in Deutschland.

Kreise der Medien und der Politik halten (erwartungsgemäß) dagegen und bedienen sich rassistischer Narrative, die absurd erscheinen. Es wird ein Horrorszenario migrierender Massen in die deutschen Sozialsysteme gezeichnet. Absurd, denn auch nach der geplanten Reform wird die deutsche Staatsbürgerschaft nicht „verschenkt“ – Menschen, die diese beantragen, müssen weiterhin finanziell abgesichert sein, einen Einbürgerungstest machen und ausreichende Deutschkenntnisse aufweisen.

In der postmigrantischen Realität transnationaler Identitäten ist eine Ablehnung der Mehrstaatigkeit zudem eine überholte Haltung, die der Wirklichkeit einer modernen Migrationsgesellschaft nicht mehr entspricht. In Zeiten des demographischen Wandels, vermehrter Migration aufgrund von Krisen, Kriegen und des Klimawandels sowie des Fachkräftemangels in Deutschland ist die Nichtanerkennung dieser Realität sowohl überholt als auch nicht zukunftsfähig. Gleichzeitig offenbart sich ein Doppelstandard bei der Frage nach der Mehrstaatigkeit: Die Ablehnungshaltung gegenüber Mehrfachstaatsangehörigkeiten beschränkt sich auf einige bestimmte Nationalitäten, während sich an der doppelten Staatsbürgerschaft mit beispielsweise einem amerikanischen oder einem schwedischen Pass niemand zu stören scheint.

Gerade für Menschen der Gastarbeiter*innengenerationen würde die geplante Reform einen vereinfachten Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft bedeuten. Für sie, die dieses Land maßgeblich mit aufgebaut haben, ist die Ablehnung gegenüber dieser Reform ein Schlag ins Gesicht.

Dass die FDP den neuen Gesetzesentwurf einer „Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft“ gleichsetzt, ist angesichts der Tatsache, dass sie in ihrem Parteiprogramm für eine vereinfachte Einbürgerung bereits nach vier Jahren plädiert, mehr als erstaunlich; dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft an die arbeitsmarktfähige Nutzbarkeit von Migrant*innen koppelt, jedoch weniger.

Teilhabe ist unabdingbar für das erfolgreiche Ankommen in einem Land, das ist schon lange kein Geheimnis mehr – scheint aber in der CDU noch nicht angekommen zu sein. Diese plädiert: „Erst Integration – dann Staatsbürgerschaft“ und stellt den Integrationsprozess als die berühmte Einbahnstraße dar, die er nicht ist und nicht sein kann. Ganz im Gegenteil belegen Studien, dass Einbürgerungen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Eingliederung beflügeln[1][2]. Je schneller die Einbürgerung vonstatten geht, desto größer ist dieser Effekt. Wer weiterhin dagegen ist, argumentiert nicht aufgrund der Faktenlage, sondern aus politischer Überzeugung.

 

[1] https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2019/12/bessere-integration-dank-einbuergerung.html

[2] https://www.ifo.de/DocDL/sd-2020-11-gathmann-monscheuer-etal-einbuergerung-migranten-integration.pdf

Ein Jahr Ampelkoaliton – Was die Bundesregierung jetzt gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus tun muss

Migrant*innenorganisationen und neue deutsche Organisationen setzen sich seit jeher dafür ein, dass Deutschland als Migrationsgesellschaft anerkannt wird, dass unsere Themen mit uns gemeinsam verhandelt werden und dass wir in einem Land leben können, in dem Chancengerechtigkeit für alle herrscht. Die BKMO hat sich sehr gefreut, im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition viele unserer Themen, insbesondere migrations-, integrations- und sozialpolitische, verankert zu sehen.
Es war ein Zeichen, dass die seit Jahrzehnten währende Arbeit von Migrant*innenorganisationen für eine bessere und gleichberechtigtere Gesellschaft nun endlich Früchte trägt. Die neue Koalition versprach einen Aufbruch, den wir vorher so noch nie gespürt hatten.

Die Benennung der Antirassismusbeauftragten und des Antiziganismusbeauftragten setzten zudem ein starkes Zeichen, dass die Bekämpfung von Rassismus nun endlich ernst genommen wird, und dieses Zeichen schätzen wir sehr. Gleichzeitig merken wir aber, dass es mit einigen versprochenen Maßnahmen nicht voran geht – die zu geringe Ausstattung der Antirassismusbeauftragten mit Ressourcen und Befugnissen, nicht geklärte Fristen und Zuständigkeiten in Bezug auf die Umsetzung von Maßnahmen lassen die Befürchtung aufkeimen, dass es sich bei vielen Vorhaben wieder nur um leere Versprechen handeln könnte.

Wir können nicht verstehen, woran das liegt. Eine Gesamtstrategie gegen Rassismus und Rechtsextremismus sollte bei der Antirassismusbeauftragten zusammenlaufen – jetzt wo es das Amt gibt. Mit Beteiligung aller Ressorts, zivilgesellschaftlicher und Migrant*innenorganisationen muss hier eine Strategie entstehen, die die Benachteiligung eines Viertels aller Menschen in Deutschland in den Blick nimmt und aktiv zu bekämpfen versteht.

Bei leeren Versprechungen darf es nicht mehr bleiben – rassistische Kontinuitäten zeigen, dass das Problem gravierend ist und dringend angegangen werden muss. Dabei reicht es nicht, sich auf die – unter nicht von Rassismus betroffenen Menschen – verbreitete Annahme zu beschränken, Rassismus sei ein individuelles Problem. Es muss anerkannt werden, dass in Deutschland Menschen täglich aufgrund von institutionellem und strukturellem Rassismus Ausschlüsse und Benachteiligungen erfahren. In vielen Bereiche des Lebens, wie auf dem Wohnungsmarkt, bei der Polizei und aber auch in der öffentlichen Verwaltung muss verstanden werden, dass es institutionellen Rassismus gibt, dass dieser den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht und wie Gegenmaßnahmen aussehen können.

Die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen, die Amadeu Antonio Stiftung und der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) fordern deshalb in einem
Positionspapier: Die Ampel muss ihre Versprechen zeitnah einlösen und Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit strategisch bekämpfen.

Die Pressemitteilung als PDF finden Sie hier.

Das Positionspapier als PDF finden Sie hier.

Offener Brief zur Nominierung Ferda Atamans als Antidiskriminierungsbeauftragte

Vor einer Woche hat die Bundesregierung Ferda Ataman als Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung nominiert. Mit der Umsetzung dieses Vorschlags gewinnt Deutschland eine echte Verfechterin für Pluralität und Teilhabe für das Amt. Die vereinzelt formulierten Vorwürfe und Angriffe gegen sie dominieren leider die Schlagzeilen und das Amt und der Kampf gegen Diskriminierung rücken immer weiter in […]

Stellungnahme zum Krieg in der Ukraine

Seit dem 24. Februar 2022 steht die Bevölkerung der Ukraine unter Beschuss. Die Welt steht unter Schock. Berichte über zerrüttete Leben und Traumata und Bilder zerstörter Gebäude erreichen die Öffentlichkeit. Die BKMO begrüßt die schnelle Reaktion und die große Hilfs- und Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung und die prompte Reaktion von Ministerien und Verwaltung in einer Zeit […]

Pressemitteilung: BKMO zum 2. Jahrestag des Anschlags in Hanau

Am 19. Februar 2020 ermordete ein Rassist in Hanau kaltblütig neun junge Menschen mit Migrationsbiographie. Zwei Jahre danach sind weiterhin viele Fragen ungeklärt und es sind die Angehörigen selbst, die die Aufklärungsarbeit maßgeblich voranbringen. Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) appelliert an die zuständige Politik und Polizeibehörden: Hanau darf sich nicht wiederholen! Der Untersuchungsausschuss des Landtags […]