Unsere Stellungnahme: BMI Referentenentwurf zum Staatsangehörigkeitsgesetzes

Berlin, 26.05.2025

Stellungnahme der Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen zum Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern „Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes“

Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) bedankt sich im Namen ihrer Mitglieder für die Gelegenheit, zum Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern „Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes“ (im Folgenden: Referentenentwurf, RefE) Stellung zu nehmen. Aufgrund der sehr kurzen Frist von lediglich zwei Werktagen war es leider nicht möglich, eine umfassende Beteiligung aller Mitgliedsorganisationen sicherzustellen.

Die BKMO repräsentiert die vielfältige Lebensrealität der rund 25 Millionen Menschen mit Migrationsbiografie in Deutschland. Über 14 Millionen von ihnen besitzen keine deutsche Staatsangehörigkeit; rund 11 Millionen befinden sich im wahlfähigen Alter. Zum Vergleich: Ende 2024 waren etwa 59,2 Millionen Deutsche wahlberechtigt. Seit Jahren stagniert die Einbürgerungsquote auf einem niedrigen Niveau (im Jahr 2023 3,62 Prozent). Dies führt zu einem eklatanten demokratischen Defizit: Millionen dauerhaft hier lebender Menschen, die Steuern zahlen, dem Recht unterliegen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, bleiben von politischer Mitbestimmung weitgehend ausgeschlossen. Die Förderung von Einbürgerung ist daher kein rein verwaltungstechnischer Akt, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie stärkt den sozialen Zusammenhalt und ermöglicht gleichberechtigte Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen. Gerade im Kontext zunehmender rechtsterroristischer Gewalt und rassistischer Diskriminierung ist die politische Partizipation betroffener Gruppen – etwa durch das Wahlrecht oder das aktive Bekleiden politischer Ämter – ein unverzichtbares Fundament einer wehrhaften und inklusiven Demokratie.

Damit gesellschaftliche und politische Teilhabe von Menschen mit Migrationsbiografie nachhaltig gefördert werden kann, ist eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Staatsangehörigkeitsrechts unerlässlich. Das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG) vom 22. März 2024 stellte in dieser Hinsicht einen bedeutenden Fortschritt dar. Besonders die Anerkennung von Mehrstaatigkeit sowie die Verkürzung der regulären Voraufenthaltszeiten sind zentrale Schritte hin zu einem Einbürgerungsrecht, das der Realität einer postmigrantischen Gesellschaft gerecht wird.

Vor diesem Hintergrund lehnt die BKMO die im Referentenentwurf vorgesehene Streichung von § 10 Absatz 3 StAG entschieden ab – diese Regelung ermöglicht eine weitergehende Verkürzung der Voraufenthaltszeit auf bis zu drei Jahre bei Nachweis besonderer Integrationsleistungen und ist ein wichtiges Instrument zur Anerkennung individuellen Engagements.

Die Begründung des RefE, wonach eine gewisse zeitliche Dauer Voraussetzung für eine „nachhaltige Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse“ sei, verkennt die Individualität von Integrationsprozessen. Gerade die Möglichkeit der vorzeitigen Einbürgerung würdigt herausragende Integrationsleistungen und wirkt motivierend. Es ist weder sachgerecht noch zeitgemäß, engagierte Einbürgerungswillige durch starre Fristen auszubremsen. Angesichts zunehmender globaler Mobilität und zirkulärer Migration sowie des internationalen Wettbewerbs um Fach- und Arbeitskräfte sollte Deutschland vielmehr gezielt auf positive Anreize wie beschleunigte Einbürgerungsverfahren setzen.

Zur weiteren Verbesserung des Einbürgerungsrechts verweist die BKMO ergänzend auf ihre Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ vom 16. Juni 2023. Besonders die dort ausgeführten Positionen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zur Verankerung von Kinderrechten, zur Bekämpfung von Diskriminierung sowie zur Gleichstellung sollten in der weiteren Gesetzgebung Beachtung finden. Zudem weist die BKMO auf die besondere Situation staatenloser Menschen in Deutschland hin und schließt sich den Empfehlungen von Statefree e. V. in deren Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts vom 5. Dezember 2023 an.