Pressemitteilung zum Kabinettsausschuss zur Bekämpfung Rechtsextremismus und Rassismus

Politische Teilhabe von Betroffenen statt Alibi-Beteiligungsformat

Berlin – Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) begrüßt die Entscheidungen des Kabinettsausschusses, die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus im Austausch gemeinsam mit den Migrantenorganisationen zu planen. Das ist der richtige Weg, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Die Einbindung der Expertise von Menschen, die von Rassismus betroffen sind, ist zwingend erforderlich, um substanzielle Fortschritte im Kampf gegen alle Formen von Rassismus, Diskriminierung und Rechtsextremismus zu machen.

  • Wir Expert*innen nehmen die Problematik in all ihrer Komplexität wahr, nicht nur die gewalttätige und strafrechtlich relevante Spitze des Eisberges, die auch für nicht Betroffene spürbar und sichtbar ist. Wir kennen uns mit den Facetten des Alltagsrassismus, institutionellen und strukturellen Rassismus und der ständigen Reproduktion rassistischer Vorurteile in der medialen Berichterstattung aus.
  • Wir Expert*innen arbeiten seit 20 Jahren und länger an wirksamen Lösungsstrategien auch im internationalen Austausch.
  • Wir Expert*innen sind und bleiben misstrauisch vor dem Hintergrund unserer vergeblichen Bemühungen in den letzten Jahrzehnten, der Opfer rassistischer Gewalt und hochproblematischer Erfahrungen mit so manchen Sicherheitsbehörden.

Vor diesem Hintergrund möchten und müssen wir unsere Erwartungen an den Kabinettsausschuss und an die Zusammenarbeit vor der geplanten Anhörung im August deutlich formulieren:

  • Die BKMO fordert eine inhaltliche schriftliche Stellungnahme auf den offenen Brief der BKMO vom 27.2 an Bundeskanzlerin Dr. Merkel und dem „Impulspapier der Migrant*innenorganisationen zur Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft (https://drive.google.com/file/d/0B0IHn0rcy4UmeFVJb1FjZDZVTVk/edit).“
  • Die in den letzten Jahren im Austausch zwischen Bundesministerien und Migrant*innenorganisationen erarbeiteten Forderungen, Maßnahmen und Handlungsempfehlungen müssen der Ausgangspunkt und die inhaltliche Grundlage der Konsultation imAugust sein. In einer gemeinsamen Vorbereitungsphase von migrantischen Zivilgesellschaft und Bundesministerien müssen diese für den Kabinettausschuss aufbereitet werden – die Zeit darf nicht mit neuen Alibi-Beteiligungsformaten verschwendet werden,die zu oft ergebnislos verlaufen sind.
  • Die institutionelle Verankerung einer wiederkehrenden Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und allen Formen von Rassismus und Diskriminierung auf der höchsten politischen Ebene muss als Strukturziel des Ausschusses gesetzt werden. Das Thema muss auf Dauer „Chefinnensache“ bleiben.
  • Das Erreichen des vom Kabinettsausschuss am 20. Mai verkündeten Ziels, ein „wirksames Maßnahmenpaket für eine rechtsextremismus- und rassismusfreie und chancengerechte Einwanderungsgesellschaft im Einklang mit Verfassungswerten zu erarbeiten“,braucht messbare Indikatoren und ein regelmäßiges Monitoring. Wir fordern ein gesetzlich verankertes unabhängiges Gremium mit Vertreter*innen aus migrantischer Zivilgesellschaft, Wissenschaft und weiteren gesellschaftlichen Akteuren, um ein Monitoring der Zielerreichung und damit einen kontinuierlichen Fortschritt zu gewährleisten.

Für uns – die Menschen, die von Rassismus betroffen sind – ist es überlebensnotwendig, dass dieser Kabinettsausschuss hervorragende Arbeit leistet und seine Ziele erreicht. Für Deutschland bietet er die Chance für ein neues Kapitel auf dem Weg in eine vielfältige, rassismus- und diskriminierungsfreie Gesellschaft, die gemeinsam am Zusammenhalt arbeitet und den Werten des Grundgesetzes Geltung verschafft. Wenn wir, die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen, in den kommenden Wochen als fordernde und unbequeme Partner*innen auftreten, dann tun wir dieses im Namen dieses Grundgesetzes. Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) wird daher einen zivilgesellschaftlichen Begleitausschuss einrichten, der die Arbeit des Kabinettausschusses konstruktiv begleiten und wo nötig kritisch beobachten und kommentieren wird.

Der Vertreter*innenrat der BKMO

Michael AlliMadi, Ägyptisches Haus in Deutschland e.V.
Hamidou Bouba, Verband für interkulturelle Wohlfahrtspflege, Empowerment und Diversity
Ehsan Djafari, Iranische Gemeinde in Deutschland
Aicha El-Saleh, Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine
Marianne Ballé Moudoumbou, Pan African Women’s Empowerment and Liberation Organisation – PAWLO Germany
José Paca, DaMOst – Dachverband der Migrantenorganisationen in Ostdeutschland
Dr. Natalia Roesler, Bundesverband russischsprachiger Eltern
Dr. Kamila Schöll-Mazurek, Polnischer Sozialrat
Dr. Cihan Sinanoğlu, Türkische Gemeinde in Deutschland
Susanna Steinbach, neue deutsche organisationen
Karen Taylor, Each One Teach One (EOTO)
Rojda Tosun, Young Voice TGD

Kontaktadresse:
BKMO c/o Türkische Gemeinde in Deutschland
z.Hd. Susanna Steinbach
Obentrautstr. 72
10963 Berlin
info@bk-mo.de
030 896 83 81 0